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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Württembergische Bürgerkunde - S. 11

1913 - Stuttgart : Muth
Das Gemeindebürgerrecht. 11 50 000 Einw. und kleinere Städte und Landgemeinden, welche nicht über 10 000 Einw. haben. Letztere zerfallen in Gemeinden Iii. Klasse, welche nicht mehr als 1000 Einw. haben, in Gemeinden Ii. Klasse, welche mehr als 1000 bis 4000 Einw. haben, und in Gemeinden I. Klasse, welche mehr als 4000 bis 10 0oo Einw. haben. Einer Landgemeinde kann durch Kgl. Entschließung die Eigenschaft einer Stadt verliehen werden. Ge- meinden, welche mehr als Io Ooo Einw. haben, erhalten sie von selbst. Ii. Das Gemeindebürgerrecht. In den Gemeinden sind Gemeindeeinwohner und Bürger zu unter- scheiden. 1. Borrechte eines Gemeindebürgers. a) Derjenige, dessen Name in die Bürgerliste eingetragen ist, steht im Genuß des aktiven und passiven Wahlrechts zum Gemeinderat, Bürgerausschuß und bei der Wahl des Ortsvorstehers1. b) Er ist berechtigt zur Teilnahme an den persönlichen Gemeinde- nutzungen (Weiden, Allmandteile, Holzgaben u.s. w.) und an sonstigen Vermögensvorteilen (Stiftungen u. s. w.). Der Eintritt in den Genuß der Vermögensvorteile kann durch Ortssatzung von der Bezahlung eines Einstandsgeldes abhängig gemacht werden. e) Er genießt im allgemeinen den Schutz gegen Ausweisung aus der Gemeinde. 2. Erwerbung des Gemeindebürgerrechts. a) Vermöge Abstammung erwerben mit der Geburt die ehelichen Kinder das Bürgerrecht ihres Vaters und nehmen an dem Bürgerrechts- erwerb und -Verlust desselben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres teil, die unehelichen dasjenige der Mutter. Mit Vollendung des 25. Lebensjahres gelangen die Kinder in den selbständigen Besitz desjenigen Bürgerrechts, das ihnen zu dieser Zeit vermöge ihrer Abstammung zusteht. Wohnen die in den selbständigen Besitz des Bürgerrechts Gelangten in der Ge- meinde, so sind sie von amtswegen in die Bürgerliste einzutragen, wenn sie irgendeine Steuer an die Gemeinde bezahlen; im übrigen ist die Eintragung durch den Antrag der Beteiligten bedingt. 1 Das Passive Wahlrecht hängt hier nicht vom Besitz des Gemeindebürgerrechts ab.

2. Württembergische Bürgerkunde - S. 13

1913 - Stuttgart : Muth
Das Gemeindebürgerrecht. 13 Männern, welche sich besonders verdient gemacht haben, kann als Beweis der Anerkennung von: Gemeinderat mit Zustimmung des Bürger- ausschusses das Ehrenbürgerrecht verliehen werden. 3. Verlust des Gemeindebürgerrechls. Das Gemeindebürgerrecht erlischt: a) mit dem Verlust der Württembergischen Staatsangehörigkeit, b) durch Verzicht, c) durch Nichtbezahlung der Rekognitionsgebühr, (1) durch Erwerb des Bürgerrechts in einer andern Gemeinde des Königreichs, sofern nicht das bisherige Bürgerrecht vorbehalten wird. Dieser Vorbehalt ist von dem betreffenden Bürger durch eine ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Gemeinderat auszusprechen, und es kann diese Erklärung rechtswirksam nur im Laufe der 3 auf den Erwerb des neuen Bürgerrechts nächstfolgenden Monate abgegeben werden. Es kann also eine Person in mehreren Orten Bürger sein. e) Bei Frauen durch Verehelichung mit dem Bürger einer andern Gemeinde. 4. Pflichten eines Gemeindebürgers. Aus dem weiter oben Gesagten geht hervor, daß der Bürger gegen- über dem Gemeindeeinwohner Vorteile genießt, die nicht zu unter- schätzen sind. Es sollte daher jeder im eigensten Interesse sich das Recht verschaffen, bei der Wahl der Gemeindevertreter und des Ortsvorstehers mitwirken zu dürfen, d. h. das Bürgerrecht erwerben. Jedes Recht schließt aber auch eine Pflicht in sich. Es kann des- halb von einem jeden Bürger erwartet werden, daß er in seinem Wahl- recht auch eine Wahlpflicht erblickt. Auch hat er dafür zu sorgen, daß nicht nur er, sondern seine ganze Familie ein körperlich, geistig und sittlich gesundes und wür- diges Glied am Gemeindekörper ist, das in voller Wahrung seiner eigenen Interessen das Wohl des gesamten Gemeinwesens nicht aus dem Auge läßt, unter Umständen sogar das Gemeinwohl dem eigenen Vor- teil voranstellt, jedenfalls in der Beurteilung öffentlicher Angelegenheiten sich nicht vom Egoismus leiten läßt und sich der Übernahme von Ehrenämtern nicht entzieht.

3. Württembergische Bürgerkunde - S. 15

1913 - Stuttgart : Muth
15 Die Organe der Gemeindeverwaltung. Beschlußfähig ist der Gemeinderat, wenn mehr als die Hälfte sämtlicher Mit- glieder einschließlich des Vorsitzenden anwesend sind. Die Beschlüsse werden mit abso- luter Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. Die Verhandlungen, welche sich auf alle die Verwaltung der Gemeinde betreffen- den Angelegenheiten erstrecken und über die Protokolle geführt werden müssen, sind gewöhnlich öffentlich. Im Interesse der Allgemeinheit oder eines einzelnen kann „nichtöffentliche Sitzung" beantragt und mit Zustimmung des Gemeinderats durchgeführt werden. Die vom Ortsvorsteher bezw. dessem Stellvertreter auszuarbeitende Tagesord- nung ist den Kollegialmitgliedern schriftlich bekanntzugeben. Die Protokolle führt der Ratsschreiber, in kleineren Orten der Schultheiß selbst. Zum Zweck, die Beratungen zu erleichtern und zu vereinfachen, werden in größeren Gemeinden vom Gemeinderat Kommissionen gewählt, welche wichtige Gegenstände einer gründlichen Vorberatung unterziehen und ihre Anträge dem Kollegium zur Be- schlußfassung unterbreiten. Ausführliche Bestimmungen über obige Einrichtungen, über die Anstellungs- und Gehaltsverhältnisse der städtischen Beamten, über den Besuch der Fortbildungsschulen (so- fern nicht genau gesetzlich geregelt), sowie über die einzuhaltenden Bauvorschriften u. s. w. enthalten die Ortsstatute, welche der Zustimmung des Bürgerausschusses und der Genehmigung des Oberamts bezw. der Kreisregierung bedürfen. ä) Wahl des Gemeinderats. aa) In Württemberg stehen die Gemeindewahlen unter dem Zeichen des allgemeinen^, gleichen, geheimen, direkten Wahlrechts. Jeder im Gemeindebezirk wohnende, steuerzahlende Bürgers welcher das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat, ob reich oder arm, hoch oder nieder, gebildet oder weniger gebildet, kann sich mit einer Stimme an der Wahl beteiligen und kann gewählt werden. Ausgeschlossen sind nur diejenigen, welche unter Vormundschaft stehen (Schwachsinnige, Geisteskranke, Verschwender, Trunkenbolde), Armennnterstützung aus öffentlichen Kassen genießen oder eine solche im letzten, dem Tag der Wahl vorangegangenen Jahr bezogen und nicht zurück- erstattet haben, sich im Konkurs befinden (über die Dauer desselben), nicht im Genuß der bürgerlichen Ehrenrechte stehen, Gefängnisstrafen verbüßen oder mit der Bezahlung der Steuern ans den letzten 3 Jahren trotz ergangener Mahnung im Mckstand sind. Dauernd ausgeschlossen sind von der Wählbarkeit alle zu einer Zuchthausstrafe verurteilten Personen. Die Gemeinden sind verpflichtet, eine Liste zu führen, in welcher die Namen sämt- licher Wahlberechtigten in alphabetischer Ordnung ausgeführt sind. Dieselbe ist mindestens * Der Ausdruck „allgemeinen" bezieht sich hier nur auf die Gemeindebürger. * Auch aktive Militärpersonen jeden Grades, sofern sie Bürger sind.

4. Württembergische Bürgerkunde - S. 62

1913 - Stuttgart : Muth
62 Der Württembergische Staat. Handlungen im Interesse des inneren Friedens, der Sicherheit und Sitt- lichkeit gesühnt. Die rechtliche Grundlage für den Verkehr der Staatsbürger unter- einander (Privatrecht) bildet das Bürgerliche Gesetzbuch. War es die staatliche Zerrissenheit des deutschen Volkes, welche seine Kräfte im Wettbewerb mit den andern Völkern durch Jahrhunderte hindurch lähmte und den deutschen Namen zum Gespött des Auslandes machte, so war es die Vielseitigkeit seiner Münzen, Maße, Gewichte, Zölle und dergl. und nicht zuletzt die Vielgestaltigkeit und Unsicherheit des Rechts, welche Industrie und Gewerbe, Handel und Verkehr so sehr erschwerte, die schlummernden Volkskräfte niederhielt und die gesamte innere Entwick- lung hemmte. Ja „schwer lag's und düster auf der deutschen Erde", bis der unerträgliche Druck von außen den kuror t6utonicu8 entfesselte und der Erbfeind niedergerungen war. Ein einiges deutsches Reich war die Palme des glorreichen Krieges von 1870/71, eine Münze, ein Maß, ein Gewicht und ein Recht die Früchte des inneren Erwachens. Das am 1. Januar 1900 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch ist ein mächtiges Band, das die auf ewige Zeiten geeinigten deutschen Stämme umschließt. Es enthält in 2385 Paragraphen Bestimmungen über die Rechts- und Geschäftsfähigkeit von Personen, die Schuldverhültnisse, das Sachen-, Familien- und Erbrecht. Sofern für einzelne wichtige Erwerbszweige besondere Bestimmungen sich als notwendig erweisen, ist es durch eine Reihe von Sondergesetzen, wie das Handels- und Wechselrecht und das Scheckgesetz er- gänzt. Das Reichsstrafgesetzbuch, in Kraft getreten am 1. Januar 1872, enthält genaue Bestimmungen darüber, welche Handlungen und Unter- lassungen im Interesse der Allgemeinheit verboten und welche Strafen anzusetzen sind. Die Reichszivilprozeßordnung, in Kraft getreten am 1. Ok- tober 1879, bildet die Grundlage für das Verfahren in bürgerlichen Streitig- keiten. Das Strafverfahren und der Zivilprozeß sind grundsätzlich von einander unterschieden. Ersteres wird gewöhnlich ohne Antrag der Be- teiligten im öffentlichen Interesse von der Staatsanwaltschaft veranlaßt und auf deren Antrag vom Gericht durchgeführt. Für letzteren gilt der Grundsatz des Parteibetriebs. 2. Die Organe der Rechtsprechung. Ähnlich wie in der Verwaltung dem Bürger durch die Gemeinde- kollegien, die Amtsversammlung und den Bezirksrat ein Mitwirkungs-

5. Württembergische Bürgerkunde - S. 17

1913 - Stuttgart : Muth
17 Tic Organe der Gemeindeverwaltung. Als gewählt gelten diejenigen, welche die meisten der ab- gegebenen, gültigen Stimmen auf sich vereinigen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Beispiel: 1960 Einw., Zahl der Gemeinderäte = 12. Zu wählen sind vier ausscheidende Mitglieder und ein Ersatzmann für ein gestorbenes Mitglied. Bei der Abstimmung erhält der erste 260, der zweite 230, der dritte 160, der vierte 150, der fünfte 120, der sechste 120, der siebte 119, der achte 70 und der neunte 35 Stimmen. Gewählt sind Nr. 1—4; zwischen Nr. 5 und 6 entscheidet das Los. Wird eine Stelle im Gemeinderat vor dem Eintritt des ordentlichen Wahltags erledigt, so wird sie erst an diesem Zeitpunkt wieder besetzt, wenn nicht der Gemeinderat eine frühere Wiederbesetzung für notwendig erachtet. Die Ergänzungswahl muß stattfinden, wenn die Mitglieder- zahl aus zwei Drittel der Normalzahl herabsinkt. Die Ergänzungswahl gilt für den noch übrigen Teil der Amtszeit der ausgeschiedenen Mitglieder. ee) Für mittlere und große Städte ist die Listen- und Verhältnis- wahl (Proportionalwahlsystem, kurzweg Proporz genannt) ein- geführt. Nachdem der Gemeinderat den Wahltermin festgestellt hat, erläßt der Ortsvorsteher ein Ausschreiben. In diesem wird der Wahltag, die Namen der aus dem Gemeinderat ausscheidenden (bezw. gestorbenen oder aus irgend einem Grunde zurückgetretenen), aber wieder wählbaren, und der darin verbleibenden Mitglieder, die Abstimmungsdistrikte, Wahlräume und Distriktswahlvorstände (je ein Vorsitzender, ein Stellvertreter des Vorsitzenden, zwei Beisitzer und zwei Stellvertreter der letzteren) bekannt gegeben. Gleichzeitig ergeht an die Wähler die Aufforderung zur schriftlichen Einreichung von Wahlvorschlägen^ bei dem Vorsitzenden des Wahl- vorstandes bis zu einem bestimmten Termin. Diese müssen von min- destens 20 in die Wählerliste aufgenommenen Personen unterzeichnet sein und sollen die Wühlervereinigungen, von denen sie ausgehen, nach ihrer Parteistellung oder einem sonstigen unterscheidenden Merkmal kenntlich machen. Die vom Wahlvorstand für gültig erklärten Wahlvorschläge werden nach Ablauf des Eingangstermins in alphabetischer Reihenfolge der Wähler- vereinigungen unter Bezeichnung derjenigen, welche miteinander ver- bunden wurden, öffentlich bekannt gemacht. Die verbundenen Wahl- vorschläge sind bei der Verteilung der zu besetzenden Stellen vom Wahl- 1 1 Die Wahworschkäge sind so zeitig einzureichen, daß zwischen dem Tag der Ein- reichung und dem Wahltag ein Zeitraum von mindestens zwölf vollen Tagen liegt. Clement, Württembergische Bürgerkunde. 2

6. Württembergische Bürgerkunde - S. 64

1913 - Stuttgart : Muth
64 Der Württembergische Staat. Ist eine Klage anhängig gemacht, ohne daß von der Gegenpartei gegen die Zuständigkeit des Gerichts Einspruch erhoben wurde, so kann diese im Lauf des Prozesses nicht mehr in Frage gestellt werden. Sachlich zuständig ist das Amtsgericht in erster Instanz für ver- mögensrechtliche Streitigkeiten bis zum Betrag von 600 M (ausschließlich Zinsen und Kosten) und ohne Rücksicht auf den Wert des Gegenstandes für Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter, zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, Arbeitgebern und Arbeitern, Wirten und Reisenden, Fuhr- leuten, Schiffern und Handwerkern, für Streitigkeiten wegen Wildschäden, Viehmüngel, für das Entmündigungs- und Aufgebotsverfahren, sowie das Konkurs- und Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren. Es führt auch das Handels-, Genossenschafts-, Muster-, Vereins- und Güterrechtsregister. Ferner ist es Berufungsinstanz gegen die Entscheidungen des Gemeindegerichts. Im Zivilprozeß ist das Amtsgericht ein Einzelgericht, d. h. jeder Fall wird von einem Richter behandelt und entschieden, auch wenn an einem Ort mehrere Richter bestellt sind. Ist er mit einer der Parteien verwandt oder verschwägert oder in irgend einer Weise an der Sache interessiert, dann kann er sein Amt nicht ausüben, bezw. kann er von den Parteien abgelehnt werden. Unterstützt wird er von dem Ge- richtsschreiber, welcher mit der Überwachung des ganzen Aktenmaterials und insbesondere mit der Führung der Protokolle betraut ist. Ohne ihn ist das Gericht nicht verhandlungsfähig. Hilfsbeamter ist der Gerichts- vollzieher. Vor dem Amtsgericht kann jede geschäftsfähige Person ihre Rechte selbst, also ohne Rechtsbeistand, vertreten und verteidigen. Die Strafrechtspflege. Für die Verhandlung und Entscheidung in Strafsachen wird bei dem Amtsgericht das Schöffengericht gebildet. Es besteht aus dem Amtsrichter als Vorsitzenden und zwei Schöf- fen, d. h. Laienrichtern, welche durch den Ausschuß (S. 34, Ziff. 4) alljährlich gewählt werden. Sie haben nicht nur über die Schuldfrage sondern auch über die Höhe der Strafe mit zu entscheiden. Das Schöffengericht ist zuständig für alle Übertretungen und einfache 1 1 Für den Geschäftsmann besonders wichtig ist auch das beim Amtsgericht geführte Schuldnerverzeichnis (Ofsenbarungseide und Haftbefehle).

7. Württembergische Bürgerkunde - S. 65

1913 - Stuttgart : Muth
65 Die Rechtsprechung und deren Organe. Vergehen gegen das Vermögen, also bei Unterschlagung, Betrug, Diebstahl, Sachbeschädigung u. s. w., wenn der Wert des Objekts 150 M nicht übersteigt, sowie für Vergehen, deren Verhandlung und Ent- scheidung ihm von der Strafkammer des Kgl. Landgerichts überwiesen wird. Dies darf aber nur geschehen, wenn voraussichtlich auf höchstens 6 Monate Gefängnis oder 1500 M Geldstrafe zu erkennen ist. b) Das Landgericht (in Württemberg acht) ist im Gegensatz zum Amtsgericht ein Kollegialgericht, weil es mit mehreren Richtern besetzt ist. Zivilrechtspflege. Es ist zuständig in erster Instanz für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, welche nicht dem Gemeinde-, Gewerbe- und Kaufmannsgericht oder dem Amtsgericht zugewiesen sind, und als Berufungsinstanz gegen die Entscheidungen des Gewerbe- und Kausmannsgerichts und des Amtsgerichts. Die Entscheidungen werden durch ein Kollegium von 3 Richtern (Zivilkammer) mit Stimmen- mehrheit gefaßt. Die Parteien müssen durch einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten sein; es herrscht also Anwalts- zwang. Zur Entscheidung in Handelsstreitigkeiten können besondere Kammern für Handelssachen gebildet werden. Sie bestehen aus einem Richter als Vorsitzenden und 2 für die Dauer von 3 Jahren aus dem Kreise der Kaufmannschaft ehrenamtlich berufenen Handelsrichtern. Anwalts- zwang. Strafrechtspflege. Strafsachen werden durch die Strafkammern erledigt. Sie bestehen in der Regel aus 5 Richtern und entscheiden bei Vergehen, welche nicht vom Schöffengericht abgeurteilt werden können und in Berusungssachen gegen die Urteile des Schöffengerichts, ferner über Verbrechen, die mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren bedroht sind, über bestimmte schwere Vergehen und alle Verbrechen jugendlicher Per- sonen. Anwaltszwang. Solche schweren Verbrechen, welche nicht zur Zuständigkeit der Strafkammer oder des Reichsgerichts gehören, kommen vor das Schwur- gericht. Dasselbe besteht aus dem Schwurgerichtshof mit 3 Richtern und der Geschworenenbank mit 12 aus der Bevölkerung gewählten Geschworenen (Laienelement). Die richterlichen Funktionen werden nicht wie beim Schöffengericht von den Richtern und den Geschworenen ge- meinsam ausgeübt, sondern sind unter beide verteilt. Die Geschworenen Clement, Württembergische Bürgerkunde. 5

8. Württembergische Bürgerkunde - S. 66

1913 - Stuttgart : Muth
66 Der Württembergische Staat. entscheiden über die ihnen vom Gerichtshof vorgelegten Fragen betr. das Schuldig oder Nichtschuldig, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein mildernder Umstände. Wird die Schuldfrage verneint, dann ist der Ange- klagte freigesprochen. Im andern Fall wird das Strafmaß ohne Mit- wirkung der Geschworenen vom Richterkollegium angesetzt. Anwalts- zwang. e) Das Oberlandesgericht hat seinen Sitz in Stuttgart. Für die Zivilrechtspflege besteht der mit 5 richterlichen Mitgliedern besetzte Zivilsenat. Er ist Berufungs- und Beschwerdeinstanz gegen erstinstanzliche Urteile und die Beschlüsse der Landgerichte. In Strafsachen entscheidet der ebenfalls mit 5 Richtern besetzte Strafsenat. Er ist Beschwerdegericht über die Beschlüsse und Verfügungen der Strafkammern oder des Schwurgerichts und Revisionsgericht über erstinstanzliche und Berufungsurteile der Strafkammern. ä) Das Reichsgericht mit dem Sitz in Leipzig hat die Aufgabe, die Rechtseinheit und die gleichmäßige Auslegung der Reichsgesetze zu wahren. Es entscheidet auf Grund der Akten in Zivilsachen durch die mit 7 Mitgliedern besetzten Zivilsenate über Revisionen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte und in Strafsachen durch die mit 7 Mit- gliedern besetzten Strafsenate als höchste Instanz über Urteile der Straf- kammern bezw. der Schwurgerichte. Bei Hochverrat und Landes- verrat gegen Kaiser und Reich ist es selbständiges Gericht erster und letzter Instanz.

9. Württembergische Bürgerkunde - S. 67

1913 - Stuttgart : Muth
3. Teil. Vas Deutsche Reich. I. Geschichtliches. Das alte Deutsche Reich, eine Wahlmonarchie, hatte im Laus der Jahrhunderte allmählich den Charakter eines einheitlichen Staates einge- büßt. Sein Schicksal war besiegelt, seitdem im Westfälischen Frieden (1648) allen Fürsten Landeshoheit und das Recht, selbständig Krieg zu erklären, Frieden und Bündnisse mit auswärtigen Staaten zu schließen zugestanden worden war. Der Gründung des „Rheinbundes" im Juli 1806, durch welchen Bayern, Württemberg, Baden, Hessen und einige kleinere deutsche Staaten ein Schutz- und Trutzbündnis unter dem Protektorat Napoleons schlossen und sich förmlich vom Deutschen Reich lossagten, folgte die Niederlegung der Kaiserwürde durch Franz Ii. und am 6. August 1806, nach fast tausend- jährigem Bestand, die Erklärung der Auflösung des Reiches. Infolge der einmütigen Erhebung des deutschen Volkes in den Frei- heitskriegen und der Beseitigung der Herrschaft Napoleons kam im Jahr 1815 der „Deutsche Bund" zustande, wodurch jedoch der nationale Drang nach Schaffung eines „einigen Deutschen Reiches" nicht gestillt wurde. Die unmittelbar aus dem Volke hervorgegangenen Bestrebungen zur Lösung der „Deutschen Frage", welche in der Frankfurter National- versammlung (1848) und in der von ihr beschlossenen Reichsversassung vom März 1849 ihren Ausdruck fanden, scheiterten an der ablehnenden Haltung Friedrich Wilhelms Iv. von Preußen. Der Preußisch-Öster- reichische Krieg von 1866 führte zur Auflösung des Deutschen Bundes und zur Gründung des „Norddeutschen Bundes", unter Ausschluß von Österreich. Derselbe vereinigte unter Preußens Führung alle Staaten nördlich der Mainlinie mit Einschluß der nördlichen Provinz des Groß- herzogtums Hessen. Bayern, Württemberg, Baden und Hessen schlossen mit Preußen ein „Schutz- und Trutzbündnis". Und als diese ganz allmählich sich voll- ziehende gewaltige Erstarkung des deutschen Volkes den Argwohn unseres Erbfeindes im Westen erregte, da stieß er zu seiner Überraschung auf ein „einig Volk von Brüdern".

10. Württembergische Bürgerkunde - S. 68

1913 - Stuttgart : Muth
68 Das Deutsche Reich. Der glorreiche deutsch-französische Krieg von 1870/71 brachte die end- gültige Lösung der deutschen Frage und krönte zugleich das Werk unseres eisernen Kanzlers Bismarck: Am 18. Januar 1871 wurde im Schloß zu Versailles König Wilhelm von Preußen zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Was unsere großen Sänger und Dichter schon lange begeistert besungen, was die Besten im Volke seit Jahrzehnten ersehnt und erstrebt hatten, es ist nun da: ein einiges, mächtiges Deutsches Reich, „ein ewiger Bund zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb desselben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volkes." ü. Die Reichsverfassung. 1. Die rechtliche Natur des Reiches. Das Deutsche Reich ist ein Bundesstaat, d. h. die einzelnen Staaten haben ihre Selbständigkeit nur insoweit bewahrt, als diese nicht zugunsten der Reichsgewalt eingeschränkt wurde. In der Reichsverfassung haben alle, auch Preußen, einen großen Teil ihrer souveränen Rechte und Auf- gaben an den übergeordneten Staat, das „Deutsche Reich", das eine eigene Gesetzgebung und eigene Behörden besitzt, abgetreten. Deutschland ist aber auch ein konstitutioneller Staat, insofern dem Volk ein Mitwirkungsrecht bei der Gesetzgebung eingeräumt ist. 2. Das Reichsgebiet. Das Deutsche Reich besteht aus 26 Einzelstaaten: 4 Königreicheu, 6 Großherzogtümern, 5 Herzogtümern, 7 Fürstentümern, 3 freien Reichs- städten und dem Reichsland Elsaß-Lothringen. Ohne die überseeischen Kolonien umfaßt es rund 540000 qkm und zählte bei der letzten Volkszählung am 1. Dezember 1910 rund 65 Millionen Ein- wohner, darunter ungefähr 40 Millionen Evangelische, 24 Millionen Katho- liken und etwa 3/4 Millionen Israeliten. Die Bevölkerung ist nach Sprache und Abstammung deutsch, mit Ausnahme von ungefähr drei Millionen polnisch Sprechender, einer Viertelmillion ehemaliger Franzosen und unge- fähr einer halben Million Wenden, Tschechen, Litauen, Dänen und Wallonen. Das deutsche Interessengebiet in Ostafrika, Südwestasrika, Kamerun und Togoland umfaßt rund 2400000 qkm, ist also mehr als 4mal so groß als das Deutsche Reich. Die Gebiete in der Südsee (Kaiser-Wilhelmsland, Bismarck-Archipel, Salomons- und Marschallinseln, Karolinen, Marianen und die deutschen Samoainseln) umfassen rund
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